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2010-11-16


Der bestimmende Faktor der kubanischen Wirtschaft ist die Blockade, die die US-Regierung im Jahr 1962 unter dem “Trading with the Enemies Act” einführte und im Jahr 1996 mit dem “Healms-Burton Act” nochmal verschärfte. Kubanische Quellen gehen davon aus, dass die kubanische Wirtschaft in den letzten 50 Jahren etwa 86 Milliarden US-Dollar wegen der Blockade verloren hat[38].

Nichtsdestotrotz importiert Kuba riesige Mengen von Lebensmitteln aus den USA. Kubas zentrales historisches Problem, die mangelnde industrielle Entwicklung und die daraus resultierende Abhängigkeit vom Zuckerexport und vom Tourismus (was Che Guevara bereits bei seinem Rücktritt aus der kubanischen Führung kritisierte) sorgen dafür, dass Kuba weiterhin auf Importe angewiesen ist: aus China, Europa, Kanada und auch den USA. Im Jahr 2007 gab Kuba mehr als eine halbe Milliarde Dollar für Lebensmittelimporte aus den USA aus – trotz des Embargos, das ungünstige Bedingungen für die kubanische Seite vorschrieb. Da die kubanische Landwirtschaft nur 20% der Bedürfnisse der Bevölkerung decken kann, sind die USA die wichtigste Lebensmittelquelle Kubas[39].

Während die kubanische Führung die ArbeiterInnen auffordert, “weniger zu meckern und mehr zu arbeiten”[40], bleibt das fundamentale Problem, dass ein degenerierter ArbeiterInnenstaat der ArbeiterInnenklasse wenige Anreize bieten kann, um die Produktivität zu erhöhen. Er kann nur sehr begrenzt Begünstigungen oder Sanktionen anbieten (d.h. wenig Zuckerbrot und wenig Peitsche). Als Folge davon gibt es die Gefahr, dass fleißige ArbeiterInnen Aufstiegsmöglichkeiten unter einem kapitalistischen System sehen und deshalb auch ihre Zukunft dort sehen. Während ein kapitalistischer Markt sich sowohl auf die Drohung der Arbeitslosigkeit und das Versprechen der Beförderung stützen kann, basiert eine bürokratisch geplante Wirtschaft auf Vollbeschäftigung und allgemeiner Armut. Der einzige längerfristig funktionierende Mechanismus, um die Produktivität zu steigern, ist eine lebendige ArbeiterInnendemokratie, die die gesamte arbeitende Bevölkerung in die Verwaltung des politischen und wirtschaftlichen Lebens einbezieht (und darauf setzt, dass sich die Revolution über die eigenen Landesgrenzen hinaus verbreitet).

Die neuesten Wirtschaftsreformen der kubanischen Regierung, die Kürzungen beim Bildungs- und Gesundheitswesen “unausweichlich” nennt[41], werden den privaten Sektor ausweiten. Es läuft momentan ein Experiment, um die 24.700 staatlichen Kantinen, die ein Mittagessen für 3,4 Millionen ArbeiterInnen zubereiten, zu schließen. Die ArbeiterInnen würden statt kostenlosem Essen, einen Coupon im Wert von 15 Pesos bekommen, der in einem privaten Imbiss ausgegeben werden kann. Sollte diese Reform vollständig umgesetzt werden, würde es zu einer Explosion privater Unternehmen auf Kosten der staatlichen Lebensmittelverteilung führen.

Es wird allgemein erwartet, dass die staatlichen Lebensmittelrationen (“La Cartilla”), die zumindest einen Teil der Grundernährung für die gesamte Bevölkerung sicherstellt, als nächstes abgeschafft werden[42]. Es laufen sogar Reformen für die Zulassung von Privatarbeit, d.h. für die Wiedereinführung der Lohnarbeit, um Arbeitsplätze für bis zu eine Million Staatsangestellte zu schaffen, die die Regierung für überflüssig hält[43]. Die Entlassung von bis zu 20% der gesamten ArbeiterInnenklasse auf Kuba könnte zu einem qualitativen Sprung im Verhältnis zwischen den staatlichen und privaten Sektoren der Wirtschaft führen.

Fußnoten:

38. Granma: “U.S. has cost more than $86 billion”. Granma Internacional. 4. Oktober 2006.
39. Bernd Bieberich: “Agonie auf dem Acker”. In: Lateinameria-Nachrichten. Nr. 415. Januar 2009. Berlin.
40. Diego Dalay: “Raúl Castro announces measures ‘not pleasant’ to the Cuban people.”
41. Ebd.
42. Rigoberto Díaz: “Los privados esperan aprovechar el cierre de comedores obreros en Cuba”.
43. Eduardo Molina: “Raúl announces an attack on the workers’ conquests”.



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